Friedrich Merz’ Wortbruch: Ein Dammbruch für die Demokratie

Statement

Was wir heute im Deutschen Bundestag erlebt haben, ist ein schwerer Bruch mit der politischen Kultur unseres Landes. Es ist eine Zäsur! Friedrich Merz hat mit seinem Wortbruch jene Tür aufgestoßen, die die Demokratinnen und Demokraten im Deutschen Bundestag seit 75 Jahren fest verschlossen gehalten haben - keine Zusammenarbeit mit den Feinden unserer so wertvollen Demokratie.

Man kann nicht am Vormittag in der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus der Opfer der Barbarei gedenken, dem ukrainischen Überlebenden der Shoah, Roman Schwarzman, zuhören und sich gleichzeitig nicht daran erinnern, wie der Weg in diese Barbarei geebnet wurde - durch die Normalisierung der Zusammenarbeit mit den Feinden der Demokratie. Wenige Stunden später mit den geistigen Erben der Verantwortlichen jener dunklen Epoche deutscher Geschichte gemeinsame Sache zu machen, ist ein unfassbarer Bruch mit den Werten, auf die sich die demokratische Mitte dieses Landes aus guten Gründen verständigt hat. Friedrich Merz und die Union sind heute leichtsinnig für ein paar Prozentpunkte an der Wahlurne aus eben dieser politischen Mitte im Deutschen Bundestag ausgebrochen. Dies ist ein unverzeihlicher Vorgang, gerade am Tag vor dem historisch so bedeutsamen 30. Januar. Das werden wir und viele Menschen in diesem Land den dafür Verantwortlichen nicht vergessen.

Wir als SPD stellen uns gegen diesen gefährlichen Populismus in der Migrationsfrage, der nichts bewirkt, außer die Feinde der Demokratie zu stärken. Wir stehen stattdessen für Humanität UND Ordnung. Wir stehen auf dem Boden von Recht und Gesetz und wir bringen Sicherheit und Freiheit in ein Gleichgewicht. Soziale, innere und äußere Sicherheit stehen für uns in einem unauflösbaren Zusammenhang. Wir streiten deshalb für einen gut ausgestatteten, handlungsfähigen Staat, der seine Aufgaben erfüllen und beschlossene Gesetze auch überall vollziehen kann. Damit wird dieser Dreiklang für die Menschen gesichert und mit Leben gefüllt. Dadurch stärken wir unser Land.

Als Rheinland-Pfälzerin sage ich zudem in Richtung der selbsternannten Wirtschaftspartei CDU in aller Deutlichkeit: Wer im 40. Jahr des Schengener Übereinkommens die Schlagbäume zu unseren Nachbarländern wieder absenken will, hat es einfach nicht verstanden. Denn gerade in Rheinland-Pfalz wissen wir sehr genau, welchen enormen Wert offene EU-Grenzen für die Menschen haben: Pendelnde, freier Warenverkehr, kultureller, privater sowie wirtschaftlicher Austausch sind auf sie angewiesen. Diese Errungenschaften eines offenen Europas für Austausch und Wertschöpfung sind zu wertvoll, um sie für vermeintlichen politischen Gewinn zu opfern.

Die Vorschläge der Union, mit der sie die Migrations- und Asylfragen in diesem Land beantwortet, brechen EU-Recht und Verfassungsrecht. Das kann aber nie die Grundlage verantwortlicher Politik sein. Wer Bundeskanzler Olaf Scholz vorwirft, er würde nichts für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land unternehmen, aber gleichzeitig abstimmungsreife, rechtsstaats- und EU-konforme Gesetzentwürfe im Bundestag und Bundesrat nicht zur Kenntnis nimmt und blockiert, der wirft Nebelkerzen. Die Umsetzung der Vorschläge von Friedrich Merz und der Union würde kein Mehr an Sicherheit, sondern ein Weniger bringen. Andere Staaten werden sich dann in Europa auch nicht mehr an vereinbarte Regeln gebunden fühlen. „Me first!“ ist nicht das Fundament, auf dem ein Europa in Frieden, Freiheit und Wohlstand wachsen kann. Das heute Geschehene ist daher nichts weniger als die Selbstaufgabe der Europapartei CDU! Von Bundeskanzler Olaf Scholz und meiner Fraktion zu verlangen, der politischen Erpressung von Friedrich Merz und der Union nachzugeben – Entweder, Ihr stimmt mit uns, oder wir nehmen die Mehrheit mit der AfD in Kauf. – ist ein unerträglicher Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung.

Friedrich Merz hat sich mit dem heutigen Tag für jedes öffentliche Amt in unserem Land disqualifiziert. Wer bei seinem eigenen Versprechen nicht Wort hält, den Feinden der Demokratie nicht die Hand zu reichen und mit ihnen keine zufälligen Mehrheiten in Kauf zu nehmen, dem kann man auch nicht glauben, dass er nach der Wahl mögliche Mehrheiten für eine Regierung mit der AfD nicht in Kauf nehmen würde. Der einzige Weg die AfD zu bekämpfen ist für Friedrich Merz dann wohl ab heute, mit ihr von Fall zu Fall zusammenzuarbeiten.

 

Heute reicht es nicht mehr zu sagen: Wehret den Anfängen! Aus Anfängen sind schon längst Rammböcke gegen das Haus unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft geworden. Ich sage es klar an die Adresse von Friedrich Merz und all jene, die mit der AfD sehenden Auges gemeinsame Sache machen: Bedenken Sie das Ende, das finstere Ende Ihres geschichtsvergessenen Kurses! Und ich rufe alle Demokratinnen und Demokraten in unserem Land auf, sich diesem Wortbruch und dem Einreißen der Brandmauer gegen rechts zu widersetzen. Am 23. Februar haben es die Menschen in Deutschland mit ihren Stimmen an der Wahlurne in der Hand, in welchem Land wir am 24. Februar aufwachen werden.